Wir waren im Herbst angekommen und es wurde Zeit für das nächste Paar Barfuß-/Minimalschuhe. Bei diversen Unterhaltungen und Recherchen stolperten wir immer wieder über die Marke Wildling. Sie wurden uns wärmstens empfohlen und mehrfach hörten und lasen wir, dass für viele Menschen die Suche nach dem perfekten Minimalschuh bei den Wildlingen schon wieder aufhörte. Im Gegensatz zu den leguano und Vivobarefoot arbeitet Wildling mit viel natürlichen Stoffen wie Canvas, Wolle und Kork.
Wir waren sehr gespannt. Tatsächlich gefielen uns im Shop der Homepage auf Anhieb einige Paare. Sandra entschied sich relativ schnell für das Modell „Nessie“ für 129 EUR. Der Schuh bestand aus 100% Schurwolle (aus kontrolliert biologischer Tierhaltung), die Membran aus Polyester, die Sohle aus 80% Synthetik Gummi (50% davon recycelt) und 20% Kork. Was allen Wildlingen gemein scheint, ist ein Ringbesatz aus Mikrofaser.
Sven verguckte sich auch direkt in das Modell „Flughund“ für 99 EUR. Das Obermaterial dieser Schuhe, besteht aus Doppelpilot (100% Baumwolle). Auch das Futter besteht aus 100% Baumwolle und auch bei diesem Schuh ist eine Membran aus Polyester eingearbeitet. Die Membran soll zusätzlich vor Nässe schützen. Auch die Sohle ist bei beiden Schuhen die gleiche. Beim Modell Flughund ist jedoch noch ein Fersenpolster aus Mikrofaser eingearbeitet. Dieses soll für mehr Komfort sorgen und das Futter vor Abnutzung schützen.
Schon waren die Schuhe bestellt. An dieser Stelle sei gesagt, wir haben diese Schuhe selbst bezahlt und keinerlei Vorteile für diesen Artikel erhalten.
Wir konnten die Lieferung kaum erwarten! 😊
Die Verarbeitung der Schuhe ist tadellos und sehr detailreich. Das Material fühlt sich wertig an, sehr angenehm und maximal flexibel. Die Sohle selbst hat kaum Profil, ist sehr dünn und am Fußgewölbe eigentlich praktisch nicht vorhanden. Hier dient die Membran aus Polyester zur Verstärkung. Das war zunächst überraschend, jedoch trägt dies mitunter ebenfalls zur Flexibilität bei.
Laufleistung
Da die Laufleistung der leguanos uns etwas stutzig gemacht hatte, haben wir uns vorgenommen in Zukunft Buch zu führen. Bei den leguanos konnten wir nur Schätzwerte abgeben.
Zum Zeitpunkt der Berichterstattung haben wir mit den Schuhen bereits jeweils 300 km hinter uns. Die Sohlen lassen mittlerweile erkennen, dass die Schuhe schon ein paar Kilometer gelaufen sind, jedoch sind sie noch gut in Schuss und wir gehen davon aus, dass wir noch lange Freude an diesen Schuhen haben werden. Das Konzept Kork und Gummi scheint sehr gut aufzugehen, denn die Sohle ist im Gegensatz zu den Vivobarefoot und leguanos vergleichsweise wirklich dünn.
Laufgefühl Sandra:
Bei diesen Schuhen ist kein Einlaufen nötig! Anziehen, loslaufen und wohlfühlen!
Sowohl optisch als auch vom Gefühl her ist es jedes Mal für mich, als würde ich mit Hausschuhen vor die Tür gehen. Hygge Feeling par excellence! Die Schuhe enttäuschen wirklich nicht. Mit dünnen Strümpfen halten die Schuhe auch bei kalten Temperaturen schön warm und auch bei feuchtem Grund oder leichtem Regen bleiben die Füße weitgehend trocken. Lediglich die großen Zehen werden feucht, jedoch noch lange nicht unangenehm nass. Dies ist die Erfahrung von Wanderungen von 5 – 10 km durch feuchtes Gras oder über nassen Asphalt. Die Zehen haben gut Platz und durch das flexible Material hat man so bei kühlen Temperaturen auch nahezu das Gefühl des Barfußlaufens. Trotzdem bleiben die Füße warm und geschützt.
Lediglich, wenn es sehr schlammig wird, müssen wir auf festeres Schuhwerk umsteigen, um sicher laufen zu können. Da wir hier da sogar mit festen Wanderschuhen ins Straucheln und Rutschen geraten, wagen wir es kaum zu hoffen, für diesen Use Case einen passenden Barfuß- oder Minimalschuh zu finden.
Derzeit sind die Wildlinge meine absoluten Lieblingsschuhe und mittlerweile habe ich mir bereits ein zweites Paar dieser Marke zugelegt. Das Modell „Greif“ für 139 EUR. Das Obermaterial besteht aus Canvas (100% Hanf), das Futter aus Hanf-Flachs Vlies (50%/50%), Innenfutter/Decksohle aus Tartan (100% Bio-Baumwolle). Dann hat dieses Modell noch eine herausnehmbare Einlegesohle aus Hanf-Flachs Vlies (50%/50%). Dieses Modell ist höher geschnitten. Anders als bei den „Nessie“, musste ich mich hier doch ein Wenig „freilaufen“ mit diesem Modell. Der höhere Schnitt engte mich anfangs um das Fußgelenk und am Schienbein etwas ein, was mich sehr irritierte. Aber nach 2-3 Kurzstrecken hat das Material wohl etwas nachgegeben und jetzt fühlt es sich exakt genauso an, wie beim Modell „Nessie“. Da müssen sich die folgenden Barfuß- oder Minimalschuhmarken warm anziehen, um mit den Wildlings mithalten zu können!
Tatsächlich fiel dieses Jahr endlich mal wieder Schnee und ich freute mich wahnsinnig auf eine größere Tour durch die weiße Landschaft mit meinen „Nessies“. Zu meiner großen Freude, rutschte ich mit den Schuhen kein bisschen auf dem Schnee. Ich würde sogar behaupten, dass ich mit Wanderschuhen an manchen Stellen eher ins Rutschen geraten wäre. Es machte wirklich sehr viel Spaß. Jedoch war der Schnee an manchen Stellen sehr feucht und das Obermaterial gab nach ca. 10 km irgendwann nach. Schlagartig wurden die Füße nicht nur nass, sondern auch sehr kalt. Wir mussten dann die geplante Strecke etwas abkürzen, denn bald wurde es sehr unangenehm an den Füßen und ich begann die Zehen nicht mehr zu spüren, egal wie viel ich sie in Bewegung hielt. Zuhause angekommen, waren die Schuhe und Socken tatsächlich komplett vollgesogen mit Wasser. Das war dann wohl doch zu viel des Guten für die Wildling. Nun ja, es wurde ja nie behauptet, dass sie wasserdicht wären und Spaß hatten wir trotzdem.
Laufgefühl Sven:
Mit meinen sommerlich luftigen Vivobarefoot wurde es selbst mit Socken dann irgendwann zu kalt und ich war froh, als die Wildling Schuhe geliefert wurden. Sie passten auch direkt und waren absolut bequem.
Ich trug die Wildling mit normalen Baumwollsocken und das Gefühl war toll. Man hatte warme Füße und trotzdem Bewegungsfreiheit. Ich hatte immer das Problem der kalten Füße im Winter, trotz dicker Socken und Winterstiefel. Seit ich mit Barfußschuhen unterwegs bin, ist dieses Problem Geschichte.
Meine „Flughund“ hielten auch bei nassem Wetter ganz gut dicht, nur an der einen oder anderen Stelle wurde es hin und wieder etwas feucht. Dass war dann aber bis zum nächsten Tag getrocknet und ich konnte weiter darauf laufen.
Als der Boden dann selbst die winterlichen Temperaturen angenommen hat, merkte ich schon, wie die Kälte versuchte durch die Sohle in den Schuh zu dringen. Daher entschied ich mich, die von Wildling angebotenen Einlegesohlen auszuprobieren. Die Entscheidung war goldrichtig und somit können die Schuhe auch bei größeren Temperaturunterschieden getragen werden. Ein netter Nebeneffekt der Einlegesohle war auch, eine zusätzliche Schicht zwischen der Nässe und den Füßen zu bringen.
Wie Sandra, habe auch ich mir noch ein zweites Paar gegönnt, als es wieder Verfügbar war. Nach dem „Flughund“ blieb ich bei den Tiernamen und legte mir das Modell „Krähe“ zu, welches ein hoch geschnittener Boot ist. Das Obermaterial nennt sich Salt & Pepper (100 % Schurwolle aus kontrolliert biologischer Tierhaltung) und fühlt sich robust und angenehm an. Das Futter und die Deck-/Innensohle sind aus Wollwalk gefertigt. Die Membran, der Ringbesatz und die Laufsohle sind, wie bei allen Modellen, gleich.
Die „Krähe“ habe ich seltener getragen, aber mehr aus dem Grund, auch ein paar schöne und saubere Wildlinge für den täglichen Gebrauch zu haben. Ich hatte sie nur zweimal beim Wandern im trockenen Schnee getragen. Hierbei waren meine Füße absolut warm und gefühlt trocken. Erst beim Ausziehen hatte ich bemerkt, dass meine Socken an der Seite und an den Zehen nass waren.
Gelände- und Wettertauglichkeit
Die Schuhe können auf jedem Untergrund getragen werden und bieten immer einen wunderbaren Grip. Hätten wir bei dem Profil zunächst nicht angenommen und waren durchweg positiv überrascht.
Einzig Matsch und Schlamm können zu gefährlichen Rutschpartien führen. Diese Schwäche teilen sie jedoch mit allen anderen bisher von uns getesteten Marken. Wir sind hier weiterhin in der Zwickmühle zwischen festem Schuhwerk mit Profil oder eben Laufen mit Barfußgefühl und Zehenfreiheit. Vielleicht finden wir ja irgendwann Barfuß- oder Minimalschuhe, die auch bei Matsch Grip bieten.
Bei feuchtem bis nassem Wetter können die Wildling jedoch prima getragen werden. Solange man sich nicht direkt in eine Pfütze stellt, halten sie relativ lange dicht.
Sven kaufte sich als es kälter wurde eine zusätzliche Sohle von Wildling „Felty“ aus Wollfilz (100% Schurwolle) für 9,90 EUR. Dadurch wurde in seinen Flughunden die Isolierung zum Boden so gut, dass er sie auch jetzt bei bis zu -15°Celsius Außentemperatur beim Spazierengehen tragen kann.
Wie von Sandra bereits beschrieben, gaben die „Nessie“ bei feuchtem Schnee irgendwann nach. Svens „Flughunde“ hielten fast komplett durch, was auch mit an der Einlegesohle lag. Wir reden hier von 2,5 h im Schnee und ca. 13 km Laufstrecke auf sämtlichen Untergründen. Dafür, dass die Schuhe als nicht wasserdicht deklariert sind, bewerten wir das Ergebnis als sehr positiv. Lediglich auf längeres Stehen bei kalter Witterung, sollte man verzichten. Die Kälte kriecht sehr schnell durch die Sohle.
Svens „Flughunde“ wurden allerdings bei einer Wanderung wetterbedingt komplett durchnässt und wir haben Tage gebraucht diese wieder trocken zu bekommen. Dass war dann definitiv zu viel des Guten. Seitdem sind sie am Müffeln und halten gefühlt gar keiner Nässe mehr stand. Zur Zeit geben wir ihnen eine Auszeit um wirklich komplett durch zu trocknen und auszulüften. Dass müssen wir in einem späteren Beitrag eventuell noch einmal vertiefen.
Flexibilität
Stoff, Wolle und eine dünne partielle Sohle…was soll man dazu noch sagen? Die nächst höhere Stufe an Flexibilität wäre auf Strümpfen zu laufen. (Nicht, dass das nicht bereits in Planung wäre 😉…)
Pflege
Die Außenseite lässt sich leicht mit etwas Wasser und einer Bürste reinigen. Auf komplettes Eintauchen und Einweichen sollte man verzichten. Sollten die Schuhe einmal nass werden, ist es wichtig, diese immer vollständig austrocknen zu lassen, bevor man sie wieder trägt. Falls man eine Einlage im Schuh hat, sollte diese stets nach dem Tragen aus dem Schuh genommen werden.
Sollte der Schuh dann doch mal anfangen zu riechen, helfen die gewohnten Hausmittel: Backpulver oder direkt Natron.
Auch die Flughunde haben bereits eine Ladung Natron bekommen, das hat aber wohl noch nicht ausgereicht. Bei diesem Paar müssen wir noch etwas Liebe reinstecken, um sie nach ihren Qualen wieder zu reanimieren.
Fazit
Wir können nur Positives berichten.
Sie sind ultra bequem, aus weitgehend natürlichen, strapazierfähigen und hochwertigem Material, extrem flexibel, bieten viel Zehenfreiheit und sind durchaus bezahlbar. Obendrein sehen sie sogar noch gut aus, was man von vielen Barfußschuhen nicht behaupten kann.
Einzig unsere Suche nach wirklich wasserdichten Barfuß- oder Minimalschuhen, mit denen man auch bei Schlamm nicht ins Rutschen kommt sollte noch etwas weiter gehen.